Auf jeden Fall! Dabei sollten Sie aber nicht nur schauen, was für Ihre Eltern gut ist, sondern wie Sie selbst diesen fordernden Lebensabschnitt gesund und zufrieden meistern. Denn die Pflege ist meistens ein über mehrere Jahre dauernder Marathon, und zwar für alle Beteiligten. Dafür können Sie auch „trainieren”.

Fast jeder kennt solche oder ähnliche Fälle aus dem Bekanntenkreis: Heinrich Wegner erleidet einen schweren Schlaganfall und wird von heute auf morgen zum Pflegefall. Die Situation wirft die ganze Familie aus der Bahn. Den Kranken natürlich, der für sein Alter noch fit war, den Garten in Schuss gehalten, gern mit den Enkeln Radtouren unternommen und sämtliche finanzielle Dinge geregelt hat. Seine Frau Annemie war die pflichtbewusste Hausfrau, aber in Geldsachen nicht eingeweiht und hat sich dafür auch nicht sonderlich interessiert. Und jetzt: Der souveräne Ehemann ist durch die Lähmungen hilflos, er hat Sprachstörungen, ist depressiv und aufbrausend geworden. Heinrich Wegner kann auch nicht mehr die Bankgeschäfte erledigen. Seine Frau, der er jede Woche das Haushaltsgeld in bar gegeben hat, ist überfordert und kommt in finanzielle Nöte. Die voll berufstätigen Kinder regeln alles mit dem Gericht und der Sparkasse, der älteste Sohn übernimmt die gesetzliche Betreuung des Vaters. Doch wie geht es mit der Pflege weiter? Für Annemie Wegner kommt es nicht infrage, ihren Lebenspartner in ein Heim abzuschieben. Und fremde Leute will sie in ihrem Haus auch nicht haben. Der Vater habe immer alles für die Familie getan, da stünden die drei Kinder, vor allem die beiden Töchter, nun in der Pflicht, sich zu revanchieren. Aber die haben doch selbst ein anstrengendes Berufs- und Familienleben.

Sie ahnen, worauf ich mit diesem Beispiel hinaus möchte: Eine gute Vorbereitung hätte den Umgangmit der schweren Situation erleichtert. Ein erster und gleichzeitig notwendiger Schritt: die Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Eigentlich sollte das keine Frage des Alters sein. Schließlich kommen leider auch junge Menschen durch einen Unfall oder Krankheit mitunter in die Lage, wichtige Entscheidungen nicht mehr selbst treffen zu können. Doch mit dem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit. Dann wird es höchste Zeit. Kinder sollten sich nicht scheuen, ihre Eltern darauf anzusprechen. Lassen Sie nicht locker, wenn die Eltern das Thema abwehren. Führen Sie ihnen vor Augen: Wenn sie nicht selbst frühzeitig festlegen, wer in welchem Umfang für siesorgen soll, regelt das der Staat. Das ist für die Angehörigen mit sehr viel zusätzlichem Aufwand verbunden.

Beim Ausfüllen von Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht müssen sich nicht nur die Unterzeichner viele Gedanken machen, sondern auch die Angehörigen, die gegebenenfalls mit Vollmachten betraut werden. Können und vor allem wollen sie überhaupt diese große Bürde tragen? Das ist nun die Gelegenheit, sich die Konsequenzen vorzustellen und auch die Frage zu beantworten, warum ich die Pflege eines Angehörigen übernehmen möchte. Aus Pflichtgefühl, den Eltern oder dem Lebenspartner gegenüber oder weil es mir ein Bedürfnis ist? Vergessen Sie dabei nicht: Die Hilfebedürftigkeit steigt unweigerlich mit dem Alter. Vielleicht fängt es damit an, dass Sie Ihren Eltern die Einkäufe abnehmen, dann putzen sie erst die Fenster, schließlich die ganze Wohnung, waschen die Wäsche, begleiten sie zum Arzt, helfen bei der Körperpflege, regeln alles mit den Banken, Versicherungen und Behörden… Dieser Prozess dauert im Durchschnitt sieben bis acht Jahre.Damit will ich Ihnen keine Angst machen. Menschen in den letzten Lebensjahren zu begleiten, ist eine intensive und wertvolle Erfahrung. Vor allem, wenn es aus Liebe und Dankbarkeit geschieht. Aber der Pflegende hat weiterhin ein Recht auf ein eigenes Leben. Wenn es mehrere Geschwister gibt, sollten alle gemeinsam klären, ob und wie sie die Verantwortung untereinander aufteilen können. Wenn Sie allein sind, überlegen Sie frühzeitig, welche Hilfen dem Pflegebedürftigen und Ihnen selbst zustehen, damit Sie gesund bleiben. Denn es ist erwiesen: Pflege wird schnell zur Aufopferung, führt zur Überforderung und damit zum Burnout. Wer sich das frühzeitig bewusst macht, kann dem entgegensteuern. Sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber. Ab einer Betriebsgröße von 25 Mitarbeitenden hat der Gesetzgeber die Pflegezeit von bis zu zwei Jahren eingerichtet. Scheuen Sie sich nicht, dieses Recht in Anspruch zu nehmen. Wenn Sie in einer kleineren Firma arbeiten, ziehen Sie Ihre Vorgesetzten dennoch ins Vertrauen.

Mit fortschreitendem Grad wird die Pflege immer anstrengender. Sind Sie dazu körperlich überhaupt in der Lage? Eine Vorstellung von den Anforderungen, die auf Sie zukommen können und welche Hilfen es gibt, vermitteln Pflegekurse, die Krankenkassen kostenlos anbieten. Diese können Sie auch vorbeugend besuchen und haben dann im vorbereitenden Gespräch mit älter werdenden Eltern auch gleich eine fundierte Argumentationsgrundlage.Und denken Sie daran: Wenn Sie sich auf eigenen Wunsch um Ihre alten Eltern kümmern möchten,ist das richtig und gut. Aber wie die Philosophin Barbara Bleisch in ihrem Buch „Warum wir unseren Eltern nichts schulden” erläutert: Sie sind als Kind nicht dazu verpflichtet, sie zu pflegen und ihr eigenes Leben aufzugeben. Sie tragen auch für sich selbst und Ihre eigene Gesundheit die Verantwortung.

Info: Hier finden Sie eine kostenlose Informationsbroschüre inklusive Formularen „Vorsorge für Unfall, Krankheit, Alter…“
Die gedruckte Broschüre gibt es für 5,99 Euro im Buchhandel.

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