Einfach hinfahren, in den Arm nehmen, zusammen Kaffee trinken – all das ist in der aktuellen Situation nicht möglich. Aber mit Fantasie gibt es dennoch viele Möglichkeiten, sich nahe zu sein ohne sich gefährlich nahe zu kommen. Sie müssen sich nur auf den Weg machen.
Eine wunderschöne Idee macht gerade in vielen Städten Schule. Damit ihre fünfte Klasse in der Zwangspause etwas lernt und gleichzeitig Sinnvolles tut, ermunterte eine Lehrerin aus Waltrop die Kinder, Briefe an die Bewohner eines Altenheimes zu schreiben. Denn die Senioren dort dürfen wegen der Corona-Pandemie über Wochen keinen Besuch empfangen. Und so setzen sich Kinder hin, beschreiben wildfremden alten Menschen, wie sie gerade diese außergewöhnliche Zeit erleben, ob sie Angst haben, was sie vermissen, was sie jetzt tun, wo es auch keine Musikschule, kein Sporttraining, keine Treffen mit der Clique gibt. Und sie bitten die alten Leute: Wenn Sie können, schreiben Sie mir doch bitte zurück, wie es Ihnen gerade geht. Die Briefe werfen die Kinder in den Briefkasten des Seniorenheims – und bekommen so nebenbei noch etwas Bewegung. Mittlerweile haben sich daraus einige Brieffreundschaften entwickelt.Ich finde das ganz wunderbar. Bis vor wenigen Wochen galt das Briefeschreiben noch als altmodisch und überflüssig. Jetzt erlebt diese persönliche und intensive Art der Kommunikation eine Renaissance. Also: Warum schreiben wir selbst nicht mal wieder einen Brief an unsere Lieben? Oder Sie stecken zu den Einkäufen, die Sie an der Tür abstellen, eine besonders schöne Postkarte mit ein paar lieben Worten.
Das kann auch ein Türöffner für ganz andere Gespräche am Telefon sein. In meiner Lokalzeitung, der „Recklinghäuser Zeitung“, zum Beispiel gab es schon lange vor Corona auf der Jugendseite eine spannende Rubrik, nämlich „Die Jugend meiner Oma“ (Opas inklusive). Jugendliche fragen darin ihre Großeltern nach ihren Träumen in der Jugend, einstigen Lieblingsplätzen, schönsten und traurigsten Erlebnissen, der ersten Liebe… Also, trauen Sie sich einfach, fragen Sie Ihre isolierten Menschen doch mal nach solchen Dingen. In einem Brief geht das übrigens einfacher, als im Gespräch. Das Nachdenken darüber ist für die Empfänger bereits eine Abwechslung und Ablenkung von der ständigen Corona-Nachrichtenflut. Und Kinder, Enkelkinder oder auch Urenkel erfahren bei den Antworten – ob schriftlich oder am Telefon – gewiss etwas ganz Neues aus dem Leben ihrer Vorfahren. Das ganze Fragespiel funktioniert natürlich auch in die andere Richtung.
Eine weitere Idee: Fast jedes Foto in unserer Sammelkiste oder dem Album hat eine Geschichte. Sei es von einer Familienfeier, aus dem Urlaub, vom Karneval, ein Schnappschuss. Suchen Sie sich ein Foto aus  und schicken Sie es Ihrem Isolierten mit der Bitte, beim nächsten Telefonat mehr darüber zu erfahren. Ein-Satz-Antworten wie „Das war die Kommunion von Deiner Tante Erna“ sind nicht erlaubt. Sie möchten mehr wissen: Was gab es zu essen? Wer waren die anderen Gäste? Was ist zu dieser Zeit sonst noch passiert? Hat sich bei dem Fest etwas Lustiges oder auch Dramatisches ereignet? Sie werden sehen: Gemeinsam in schönen Erinnerungen zu „kramen“ macht Spaß und verbindet.
Zusätzliche Kontaktmöglichkeiten hat, wer in dieser Zeit ein Smartphone bedienen und auf WhatsApp oder Skype zugreifen kann. Viele ältere Menschen nutzen diese neuen Medien bereits selbstverständlich. Nachrichten und Fotos von der Familie tun nicht nur im Moment des Empfangens gut, sie können immer wieder angeschaut werden. Jetzt ist aber auch die Gelegenheit, mit der neuen Technik anzufangen. Sie müssen den Neulingen natürlich das Smartphone komplett mit allen wichtigen Kontakten und bedienerfreundlich einrichten. Seniorengerechte, einfache  Gebrauchsanleitungen gibt es auch als Buch, zum Beispiel auf www.netz-omi.de. Und vielleicht  schickt Ihnen Ihre alte Mutter schon bald eine WhatsApp oder Sie telefonieren über Skype miteinander? Dann können Sie sich zwar nicht in den Arm nehmen, aber immerhin sehen.

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